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Entschuldigungs- und Attestpflicht in Schulen: Änderungen der Schulbesuchsverordnung
Ein Beitrag von Andreas Zoller,
Rechtsanwalt
Im Zuge zahlreicher Änderungen in Gesetzen und Verordnungen im Frühjahr 2025 gab es in vielen Bereichen heftige Diskussionen. Eine wenig beachtete, aber sinnvolle Änderung gab es in der Schulbesuchsverordnung für die Entschuldigungspflicht und Attestpflicht bei Erkrankungen von Schülern.
Alte Rechtslage bis 05.02.2025
Bisher stellte sich die Rechtslage in § 2 SchulBesV wie folgt dar:
(1) [...] Die Entschuldigungspflicht ist spätestens am zweiten Tag der Verhinderung mündlich, fernmündlich, elektronisch oder schriftlich zu erfüllen. Im Falle elektronischer oder fernmündlicher Verständigung der Schule ist die schriftliche Mitteilung binnen drei Tagen nachzureichen.
(2) Bei einer Krankheitsdauer von mehr als zehn, bei Teilzeitschulen von mehr als drei Unterrichtstagen, kann der Klassenlehrer vom Entschuldigungspflichtigen die Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses verlangen. Lassen sich bei auffällig häufigen Erkrankungen Zweifel an der Fähigkeit des Schülers, der Teilnahmepflicht gemäß § 1 nachzukommen, auf andere Weise nicht ausräumen, kann der Schulleiter vom Entschuldigungspflichtigen die Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses verlangen. [...]
Die bisherigen Knackpunkte habe ich fett markiert:
- Die Nachreichung einer „schriftlichen Mitteilung“ der Krankmeldung binnen 3 Tagen.
- Und eine zeitlich uneingeschränkte Attestpflicht bei „auffällig häufigen Erkrankungen“.
Zum Hintergrund: Wenn Kinder krank sind, dann wird es kaum einen Fall geben, in dem Eltern ihr Kind nicht „unverzüglich“, „spätestens am zweiten Tag der Verhinderung“ in der Schule krankmeldeten. Was viele Eltern indes nicht wussten, dieser Krankmeldung hatte eine schriftliche Krankmeldung binnen 3 Tagen zu folgen.
In der Praxis wurde dies freilich auch von den meisten Lehrern lax gehandhabt und Krankmeldungen wurden oftmals erst abgegeben, wenn die Kinder wieder zum Unterricht kamen, ohne dass dies von den meisten Lehrern moniert wurde.
Es gab aber immer wieder einzelne Lehrer, die monierten, wenn die schriftliche Entschuldigung nicht binnen 3 Tagen die Schule erreichte und dann auf Basis von § 8 Abs. 5 Notenbildungsverordnung eine „6“ vergaben, wenn während der Krankheitszeit eine Klausur verpasst wurde. Diese Praxis wurde zusehends auch von den Schulämtern/Regierungspräsidien so bestätigt, obwohl es mit einer Gleichbehandlung freilich nichts zu tun hat, wenn nur einzelne Lehrer dies monieren und sanktionieren, zumal oftmals sogar unstreitig war, dass das Kind wirklich krank war.
Das Ganze verschärfte sich in der Praxis dadurch, dass durch eine wachsende Unzuverlässigkeit der Post und längere Postlaufzeiten diese 3-Tages-Frist im Grunde nur noch sicher einzuhalten war, wenn man die Entschuldigung selbst in der Schule abgibt. Und da mir auch immer wieder berichtet wurde, dass selbst abgegebene Entschuldigungen verlorengingen und dann Vorhaltungen erfolgten, musste man sich die fristgerechte Abgabe der Entschuldigung in der Praxis sogar bestätigen lassen, wenn man ganz sicher gehen wollte …
Ein weiteres Problem bestand darin, dass Schulen „auffällig häufige Erkrankungen“ und Vorbehalte hierzu sehr unterschiedlich definierten und man rasch in einer (üblicherweise zeitlich unbefristeten) Attestpflicht landete.
Gelang es nicht diese abzuwenden, dann musste man später wieder hinterherrennen, die Attestpflicht aufheben zu lassen, nachdem man sich eine Zeit lang mit Attesten als zurecht krank beweisen konnte.
Neureglungen seit 05.02.2025
Die Neuregelung in § 2 SchulBesV stellt sich nunmehr wie folgt dar:
(1) Ist ein Schüler aus zwingenden Gründen (z. B. Krankheit) am Schulbesuch nach § 1 Absatz 1 verhindert, ist dies der Schule unter Angabe des Grundes und der voraussichtlichen Dauer der Verhinderung unverzüglich mitzuteilen (Entschuldigungspflicht). Das Vorliegen des zwingenden Grundes ist bei begründeten Zweifeln auf Verlangen glaubhaft zu machen. Entschuldigungspflichtig sind für minderjährige Schüler die Erziehungsberechtigten und diejenigen, denen Erziehung oder Pflege eines Kindes anvertraut ist, volljährige Schüler für sich selbst. Die Entschuldigungspflicht ist spätestens am zweiten Tag der Verhinderung mündlich, fernmündlich, elektronisch oder schriftlich zu erfüllen. Im Falle elektronischer oder fernmündlicher Verständigung der Schule kann der oder die Entschuldigungspflichtige aufgefordert werden, unverzüglich eine schriftliche Mitteilung über die Verhinderung nachzureichen.
(2) Bei einer Krankheitsdauer von mehr als zehn, bei Teilzeitschulen von mehr als drei Unterrichtstagen, kann der Klassenlehrer vom Entschuldigungspflichtigen die Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses verlangen. Lassen sich bei auffällig häufigen Erkrankungen Zweifel an der Fähigkeit des Schülers, der Teilnahmepflicht gemäß § 1 nachzukommen, auf andere Weise nicht ausräumen oder bestehen begründete Zweifel an einer Verhinderung aus gesundheitlichen Gründen, kann der Schulleiter schriftlich anordnen, dass von den Entschuldigungspflichtigen künftig bei Verhinderung aus gesundheitlichen Gründen ein ärztliches Zeugnis vorgelegt wird. In diesen Fällen und unter den gleichen Voraussetzungen bei langen Erkrankungen kann der Schulleiter auch die Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses anordnen, das jeweils längstens bis zum Schuljahresende gilt. Die Pflicht zur Vorlage eines ärztlichen oder amtsärztlichen Zeugnisses ist nur im erforderlichen Umfang zulässig, jeweils längstens für die Dauer des laufenden Schuljahres. Die Kosten für die Ausstellung von ärztlichen und amtsärztlichen Zeugnissen nach den Sätzen 1 und 2 sind von den Entschuldigungspflichtigen zu tragen.
Jeweils wieder fett hervorgehoben die relevanten Unterschiede zu den alten Regelungen, was zu folgender Situation führt: Die Eltern haben nach wie vor „unverzüglich“, „spätestens am zweiten Tag der Verhinderung“ das Kind krankzumelden, was nach wie vor in Form eines Anrufs oder einer Mail kein Problem darstellen sollte.
Entzerrt wurde nunmehr das Nachreichen einer schriftlichen Entschuldigung, die nunmehr einer entsprechenden Aufforderung der Schule bedarf, dann aber „unverzüglich“ zu erfolgen hat. Es bleibt nach alledem zu hoffen, dass Schulen solche schriftlichen Entschuldigungen künftig nur selten nachfragen und wenn sie dies tun, dann erst wenn das Kind wieder gesund und in der Schule ist, so dass man die Entschuldigung dann nachreichen kann.
Was die Attestpflicht anbelangt, wurden zwar nicht deren Anforderungen herabgesetzt, so dass man sich insbesondere weiter streiten kann, ab wann „auffällig häufige Erkrankungen“ vorliegen, die „Zweifel an der Fähigkeit des Schülers, der Teilnahmepflicht gemäß § 1 nachzukommen“, begründen sollen.
Zumindest ist diese Attestpflicht aber nunmehr zeitlich zu befristen und gilt längstens für die Zeit des Schuljahres.
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Seit 2007 berät er bundesweit Betroffene und setzt sich für mehr Transparenz und Aufklärung in schulrechtlichen Fragen ein. Durch seine umfangreichen Online-Ressourcen und seine Arbeit als Dozent und Autor macht er das oft schwer verständliche Schulrecht greifbar und praxisnah – auch und gerade für Eltern.
In dieser Rubrik wird er regelmäßig über aktuelle Fälle, häufige Fragen und wichtige Entwicklungen im Schulrecht berichten – verständlich, prägnant und mit Blick auf die praktische Umsetzung.
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